Vietnam Radtour Teil 1
Durch Reisfelder, über Hügel und ans Meer
Wir beginnen unsere Radtour noch am selben Tag, an dem wir unsere Räder bekommen. Etwas riskant, so ohne längerer Probefahrt, aber warten wollen wir auch nicht mehr länger. Es wird noch das letzte Zubehör besorgt und dann geht’s los. Wir finden in den Outdoor-Sportgeschäften Hanois leider nicht genug Fahrradtaschen und so packen wir den Rest einfach mit Gummistreckern auf den Gepäcksträger.
Wir lassen die unzähligen Wolkenkratzer hinter uns und begeben uns in das saftige Grün des ländlichen Vietnams.
Überall wird fleißig händisch auf den Reisfeldern gearbeitet, große Maschinen gibt es nicht.
Wie man sehen kann, hängt ein starker Smog in der Luft, was vor allem an dem Verbrennen der Erntereste liegt. Einen blauen Himmel sehen wir die nächsten Tage leider nicht.
Schon an unserem ersten Abend dürfen wir die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Vietnamesen richtig kennenlernen. Es wird schon dunkel und wir steuern einen Campingplatz an. Unglücklicherweise geht es die letzten paar Kilometer steil einen schmalen Weg den Berg hinauf und wir merken bald, dass unsere Räder für solche Anstiege viel zu schwer beladen sind. Also heißt es schieben. Als wir endlich oben ankommen, erschöpft von der ungewohnten Anstrengung, weisen uns ein paar Einheimische darauf hin, dass wir hier nicht weiterfahren brauchen, da es den Campingplatz nicht (mehr?) gibt. Allerdings kennen sie einen anderen Campingplatz, zu dem wir den Berg wieder hinunterfahren müssen (na toll…). Ein junges Pärchen ist so freundlich und begleitet uns mit ihrem Moped den ganzen finsteren Weg bis zum Campingplatz und stellt sicher, dass die Besitzerin uns in Empfang nimmt. Wir sind die einzigen Gäste dort, haben eine ruhige erste Nacht im Zelt und werden am nächsten Tag noch mit einem Tee verabschiedet.
Weiter geht´s in Richtung Nationalpark Cúc Phương.
Bei unserer Mittagspause suchen wir vergeblich nach einem vegetarischen Essen und kehren schließlich in einem Fischrestaurant ein. Wir lassen uns überraschen, was uns die Besitzerin wohl serviert und machen eine ganz neue kulinarische Erfahrung.
Verschiedene Blätter werden zusammengerollt und mit Stückchen von rohem Knoblauch, Ingwer, Galgant, unreifen Bananen, Chili und Sternfrucht gefüllt. Obendrauf ein Klecks Fischbrei und ab in den Mund damit. Handwerklich ist hier Luki leider etwas überfordert, doch der Hunger treibt ihn zu “außergewöhnlichem” Geschick.
Nach einem Abstecher in den Cúc Phương Nationalpark besuchen wir noch eine Auffangstation für asiatische Schwarzbären (Kragenbären). Leider wird diesen Bären in Vietnam trotz Verbot noch immer Gallensaft entnommen, da diesem in der chinesischen Medizin eine heilsame Wirkung zugeschrieben wird. Die Bären werden dabei unter grausamen Bedingungen zum Teil für Jahrzehnte in engen Käfigen gehalten. Die Vier Pfoten setzen sich für die Rettung dieser Bären ein und päppeln sie wieder auf.
Tierwohl scheint in Vietnam bedauerlicherweise noch eine untergeordnete Rolle zu spielen. Wir sehen oft Ställe, in denen die Tiere auf sehr engem Raum gehalten werden. Hunde sind manchmal in kleine Käfige gesperrt und auch das Essen von Hunden ist in Vietnam noch üblich. Einmal sahen wir, wie ein riesiges ausgewachsenes Schwein lebendig auf den Rücksitz eines Mopeds gebunden und so, quiekend und strampelnd, transportiert wurde. Auch an einem Hahnenkampf am Straßenrand kamen wir vorbei. Wir hoffen, dass sich das Bewusstsein der Menschen hierbei in Zukunft noch ändern wird.
Da ich (Miri) mir eine Erkältung eingefangen habe, machen wir ein paar Tage in der Stadt Thanh Hoa eine Pause. Im Homestay bei Thu und ihrer Familie sind wir in besten Händen. Man bereitet mir ein Dampfbad unter einem Leintuch mit Lemongrass und anderen Kräutern und Gewürzen und am nächsten Tag fühle ich mich schon viel besser.
Nach der Genesung fahren wir weiter und wollen die Nacht wieder im Zelt an einem See verbringen. Als wir dort ankommen werden wir von ein paar Kindern zu dem geeigneten Platz geführt und als es schon dunkel ist, bringen sie uns sogar noch Cola und Kekse vorbei.
In der Nacht regnet es ein bisschen und auch am Morgen ist das Wetter sehr trüb. Als wir uns eine Abkürzung für die Weiterfahrt heraussuchen, um größere Anstiege zu vermeiden, ahnen wir noch nicht, welche Schlammpartie uns dabei noch bevorsteht.
In den nächsten Tagen fahren wir viel an der Küste entlang. Das kalte Wetter macht das Meer aber überhaupt nicht einladend. Außerdem sind die Strände sehr vermüllt, das Wasser ist braun und die Wellen hoch. Die Hotels sind leer und die Gegend wirkt zum Teil wie ausgestorben. Im Sommer dürfte hier allerdings viel los sein.
Da es oft den ganzen Tag über nass ist, machen wir immer wieder mal einen Tag Pause um unsere Sachen zu trocknen. Auch unsere Körper, die sich erst an die Anstrengungen gewöhnen müssen, freuen sich darüber.
Trotz des teilweise unangenehmen Wetters macht uns das Radfahren aber sehr viel Spaß und es freut uns, dass wir jetzt mehr in Kontakt mit den Einheimischen kommen und auch die ländlicheren Gegenden sehen.
Meistens können die Leute nicht mehr als ein paar Wörter Englisch sprechen und wir versuchen mit der Übersetzer-App am Handy zu kommunizieren. Da in der vietnamesischen Sprache aber die meisten Wörter, je nach Aussprache, unterschiedliche Bedeutungen haben, wundert es uns nicht, dass wir nach der Übersetzung oft in verwirrte oder schmunzelnde Gesichter blicken.
Wir mögen es eigentlich auch gerne, neue Speisen und Produkte aus dem Supermarkt auszuprobieren, die man bei uns nicht kennt. Allerdings ist es uns auch schon passiert, dass wir eine Biskuitroulade gekauft haben, die nach Schweineschmalz schmeckte. Aber das gehört aktuell zu unserem Berufsrisiko.
Wir radeln jetzt wieder weiter Richtung Süden und endlich auch Richtung schönerem Wetter.
Bis bald :)